An die Freude

Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elysium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.

Meine Initiative heißt Transgender-Happiness. Denn, mir ist wichtig, Freude in das Leben transidenter und vieler weiterer Menschen zu bringen. Die alles umfassende Freude, die alle Menschen miteinschließt und aus Gleichbehandlung, Respekt, Wertschätzung, Akzeptanz und Toleranz entsteht. Auch eine Freude an der Natur, die zwangsläufig aus dem Interesse an deren Erhalt hervorgeht und ein verantwortungsvolles Handeln voraussetzt.

Diese alles umschließende Freude hat Friedrich Schiller in seiner „Ode an die Freude“ beschrieben. Und Ludwig van Beethoven hat mit seiner 9. Sinfonie dazu ein unglaubliches musikalisches Werk erschaffen, das in seiner unbändigen Kraft, Emotionalität und Motivation seinesgleichen sucht. Das ist umso bemerkenswerter, weil Beethoven zu dieser Zeit schon vollständig taub war. Besonders der 4. Satz der Neunten, in dem Orchester, Chor und Solisten gemeinschaftlich singend und spielend die Inhalte der Ode an die Freude aufführen ist mehr als beeindruckend und mit Worten kaum zu beschreiben.

Die Neunte bei Arte

Vor einigen Wochen wurden von dem Fernsehsender Arte alle 9 Sinfonien von Beethoven, jede aus einer anderen europäischen Stadt, übertragen. Den Schluss bildete eben die 9. Sinfonie, aufgeführt vor der herrlichen Kulisse des Schloss Belvedere in Wien. Es musizierten die Wiener Symphoniker, der Wiener Singverein und berühmte Solistinnen und Solisten, alle zusammen dirigiert von der ausgezeichneten und hochmotivierenden Dirigentin Karina Canellakis. Ich freue mich, übrigens, dass immer mehr Frauen am Pult weltbekannter Orchester stehen und sich zunehmend neben ihren männlichen Kollegen positionieren. Letztere sind unbestritten ebenfalls hervorragende Orchesterleiter. Viele von Ihnen zeichnen sich jedoch oft durch ein machohaftes und unnahbares Maestrogehabe aus, das manchmal ziemlich aus der Zeit gefallen wirkt.

Wer sich dieser Aufführung weiter nähern möchte, hier der Link:

https://www.arte.tv/de/videos/094540-001-A/beethoven-symphonie-nr-9/

Gute Kopfhörer oder Lautsprecherboxen wären hilfreich. Meine Empfehlung gilt auch für alle unter Euch, die der klassischen Musik nicht so nahestehen. Lasst Euch auf dieses monumentale Werk ein, ganz entspannt.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr dabei das klassische Ideal einer Gesellschaft gleichberechtigter Menschen, die durch das Band der Freude und der Freundschaft verbunden sind, erspüren könnt. Und, mittendrin: Wir! Die LGBTQIA* Communities! Als Teil des Ganzen!

Alle Menschen werden Brüder?

Noch eine Anmerkung. Sie wird einigen nicht gefallen. Ich muss sie dennoch loswerden. Die Ode an die Freude ist vollkommen „ungegendert“. Damit hat man sich zu Zeiten Schillers und Beethovens noch nicht beschäftigt. Und dennoch entfaltet dieses Werk seine alles umfassende Wirkung, mit der sich alle Menschen gleichberechtigt und gleichwertig angesprochen fühlen können. „Alle Menschen werden Brüder“, so lautet ein bemerkenswerter Satz. Schiller ist dabei bestimmt nicht davon ausgegangen, dass sich alle Frauen einer geschlechtsangleichenden Operation unterziehen sollten. Solche Operationen waren damals noch nicht möglich. Und es hätte dem Fortbestand der Menschheit auch nachhaltig geschadet. Ich weiß, das ist jetzt ein bisschen ironisch. Vielleicht hilft es aber dabei, die Bodenhaftung nicht zu verlieren und einfach das große Bild und Ziel vor Augen zu behalten und aufzuzeigen, dass wir Freude nicht nur aus der Genderisierung unserer Sprache schöpfen. Dazu gehört noch viel mehr.

Manche werden vielleicht sagen, dass ich spinne und Idealen jenseits der Realität hinterherlaufe. Das mag so sein. Es ist mir auch klar: Das richtige Leben ist oft anders! Weniger erfreulich! Härter! Und von der großen integrierten, toleranten, gleichberechtigten Gemeinschaft sind wir noch weit entfernt. Wahrscheinlich werden wir diesen Zustand nie erreichen. Auch das ist mir bewusst. Aber wir können uns ihm nähern, immer mehr. Und Schillers und Beethovens Werk gibt mir dabei Augenblicke des großen Glücks und der Freude. Das beflügelt und trägt mich, auch dann, wenn es wieder heftiger wird im Leben. 

Herzlichst

Bianca  

An die Freude

Ein Gedanke zu „An die Freude

  1. Die Gedanken sind schön, es überrascht mich gar nicht, dass Beethoven IX diese Gedanken bei Dir auslöst. Aber Träume schaden nicht und die Träumen nehmen alles weiter. LG Wilhelmina

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